Die Geschichte der Stadt Mittenwalde
Stadtgründung und Stadtausbau
Die Verleihung des Stadtrechts war ein hoheitlicher Akt und wurde durch den Markgrafen verliehen. Das Stadtrecht garantierte die innere Ordnung der mittelalterlichen Städte und auch ihre Unabhängigkeit. Aber für nur wenige Städte in unserer Region liegt eine Urkunde über die Verleihung des Stadtrechts vor. Deshalb gelten auch Urkunden, in denen der Ort erstmals als Stadt genannt wird, als Geburtstunde für eine Stadt.
Auch Mittenwalde hat eine solche Stadtgründungsurkunde nicht aufzuweisen - es gibt eine Ersterwähnungsurkunde aus dem Jahr 1307, dort bewilligt Markgraf Hermann der Stadt Mittenwalde Holzungsrechte in der Herrschaft Teupitz. Mit diesem Brief überträgt der Markgraf der S t a d t M i t t e n w a l d e alle Holzungsrechte in den Wäldern, Brüchen und Gehölzen, sie durften dort großes und kleines Holz zum Bauen und zum Brennen schlagen und mitnehmen. Doch schon vor diesem Brief aus dem Jahre 1307 muss die Stadt gegründet worden sein. Da Mittenwalde ein strategisch wichtiger Ort an der Grenze zur Lausitz war, ließ der Markgraf im Schutze der vorhandenen Burg Mittenwalde planmäßig als Stadt im Dreistraßensystem mit ovalen Stadtgrundriss errichten. Mittenwalde durfte sich als Stadt zum Schutz gegen Angreifer mit einer Feldsteinmauer und einem doppelten Wallgraben umgeben, Dörfern war dies im Übrigen nicht gestattet.
Im Juli 1315 wurden die Holzungsrechte der Stadt Mittenwalde in der Herrschaft Teupitz vom Markgrafen Woldemar bestätigt und erweitert. Das deutet darauf hin, dass sich die Stadt weiter im Aufschwung befand und immer mehr Ackerbürger, Kaufleute und Handwerker sich hier ansiedelten.
Im Gegensatz zur Dorfbevölkerung konnten sich Städter nicht selbst mit Lebensmitteln versorgen, daher erhielten sie das Recht, Märkte abzuhalten. Bauern aus der Umgebung und Handwerker aus der Stadt boten neben den Fernhandelskaufleuten dort ihre Waren an. Durch die Lage an einer Handelsstraße nach Dresden bzw. Cottbus wurde auf dem hiesigen Markt auch reger Handel betrieben und die Stadt muss einst das Salzhandelsmonopol gehabt haben, darauf deutet der Name Salzmarkt hin. Nicht auf jedem Markt durfte mit dem kostbaren „weißen Gold“ gehandelt werden, das wertvoll war und sogar als Zahlungsmittel diente.
Ebenso hatte die Stadt das Recht, Münzen zu prägen und gehörte 1369 zu dem Bezirk, der unter dem gleichen Münzstempel wie Berlin münzte. Den Bewohnern war die Pflicht auferlegt, jährlich neue Pfennige gegen alte einzulösen, um sich dann ersterer im Handel und Wandel zu bedienen. Als Grenzstadt zur Lausitz hatte Mittenwalde auch ein Zollamt, die Zolleinahmen waren aber im Vergleich mit anderen Zollämtern recht gering.
Für den Geldhandel bediente man sich im Mittelalter der Juden, da den Christen das Zinsgeschäft versagt war. Markgraf Ludwig der Römer gestatte 1356 der Stadt Mittenwalde die Aufnahme von vier Juden. Sie wurden von ihm mit einem Schutzbrief ausgestattet, das bedeutete, sie standen unter seinem – jederzeit widerruflichen – Schutz. Sie erhielten kein Bürgerrecht und mussten sich in einem vorgeschriebenen Straßenzug ansiedeln und der noch bis heute erhalten gebliebene Name „Jüdenstraße“ weist darauf hin.
Wohlstand, Krieg und wirtschaftlicher Niedergang
Das Rathaus wurde zum Symbol der städtischen Freiheit gegenüber dem Markgrafen, denn bald nach 1375 hat der Rat das Obergericht vom Markgrafen erworben. Nun sprach nicht mehr der Markgraf Recht, sondern die Ratsleute selbst! Die Ratsherren amtierten grundsätzlich ein Jahr lang, dann schied meist ein Teil aus, während der andere Teil im Rat verblieb und neue Ratsherren hinzutraten. In Mittenwalde waren es sechs Ratsherren, die im jährlichen Wechsel die Geschäfte führten.
Als sich im Jahre 1393 die Städte der Mittelmark zu einem Bund gegen Straßenräuber und Ruhestörer verbanden, gehörte auch Mittenwalde dazu. Die Stadt stellte zwei Bewaffnete und einen Schützen in diesem Bund zur Verfügung. 1394 gehörte Mittenwalde zu den wenigen Städten, die sich weigerten, dem Markgrafen von Meißen, der im Pfandbesitz der Mark war, zu huldigen. Mittenwalde schloss sich 1399 erneut einem Bündnis zur Aufrechterhaltung ihrer alten Rechte und zur gegenseitigen Verteidigung an. Diese Bündnisse zeigen, dass die Stadt Mittenwalde in jener Zeit eine wichtige Stellung unter den Städten der Mark einnahm.
Am 17. August 1394 gründet und dotiert der Rat zu Mittenwalde eine Hospitalkapelle zu Ehren des Heiligen Lorenz und Georg, des Bischofs Nikolaus und der heiligen Jungfrauen Barbara und Dorothea und zwar auf einem mit Obstbäumen bestandenen Gartengelände. Die Einkünfte der ganz verfallenen Kirche des untergegangenen Dorfes Wierichsdorf (nördlich von Ragow) "deserta villa Wiritstorp" wurden als Ausstattung für das neue Hospital überwiesen. Die Kapelle lag außerhalb der Stadtmauern an der in die Lausitz führenden Heerstraße und wurde wegen ihrer Doppelfunktion als Kirche für den Gottesdienst der reisenden Kaufleute und zur Pflege erkrankter Reisender Hospitalkapelle genannt.
Wie sich zeigte, machte das erstarkte Selbstbewusstsein die Bürgerschaft auch sehr streitbar. Um 1400 beschwert sich Hans von Torgow, Herr von Zossen beim Bischof von Brandenburg über Eingriffe der Mittenwalder in seine Heide und Holzungen. Vielleicht waren die Holzungsrechte für Mittenwalde in der Herrschaft Teupitz nicht mehr sicher? Denn 1430 betätigt Markgraf Johann einen Vertrag zwischen den Schenken von Landsberg und der Stadt Mittenwalde, in dem die beiden Parteien Ihren Streit über die Holzungsrechte beilegen wollen.
Der Kurfürst Friedrich II. bestätigt und erneuert 1441 der Stadt Mittenwalde ihre bisherigen Privilegien. Bald darauf (1455) übereignet er die Mühle am Tor, die bisher im landesherrlichen Besitz war, der Stadt Mittenwalde. Doch dann trifft Mittenwalde ein großes Brandunglück, und im September 1473 berichtet der Bischof Friedrich von Lebus dem Kurfürsten Albrecht, dass die Stadt „ jämmerlich und ganz ausgebrannt“ ist und die Leute konnten ihr Hab und Gut nicht retten, da die meisten in Cölln auf dem Jahrmarkt waren. In diesem Bericht bezeichnet der Bischof die Stadt Mittenwalde als Port gegen die Lausitz und Schlüssel des Landes. Trotz Steuererlass brauchte die Stadt Jahrzehnte, um wieder zu voller Blüte zu kommen.
In den 1550er Jahren hob sich der Wohlstand der Bürger und 1549 lieh sich Kurfürst Joachim II. von der Stadt Mittenwalde 400 Gulden zu 6% Zinsen. Ob die Stadt deshalb etwas Druck auf den Kurfürsten ausüben konnte, ist nicht sicher. Jedenfalls hat der Kurfürst im Dezember 1550 der Stadt Mittenwalde, die bis dahin zwei Drittel des Gerichts besaß, den Erwerb des ganzen Gerichts für 100 Gulden bestätigt. Für die Stadt bedeutete dies mehr Einnahmen aus den gefällten Gerichtsurteilen, denn die vom Gericht erhobene Strafe konnte meist durch Geldzahlung erlassen oder gemindert werden. Noch einmal verleiht Mittenwalde im Jahre 1562 Geld an die Doppelstadt Berlin-Cöln, diesmal sind es 400 Gulden zu 6% Zinsen.
Doch schon bald wird die Stadt in kurzer Zeitfolge von Katastrophen heimgesucht. An der Pest sind in den Jahren 1577 und 1598, wie eine Chronik vermerkt, 673 Personen gestorben. 1587 und 1617 herrscht große Hungersnot durch schlechte Ernten und Teuerungen. Und 1618 beginnt ein Krieg, der 30 Jahre dauern wird und großes Leid und Elend über die Menschen bringt und ganze Landstriche entvölkert. Mittenwalde war Durchzugsgebiet für die Krieg führenden Parteien und musste einmal sogar 800 Mann Kriegsvolk zwei Tage lang verpflegen. Mal waren es kaiserliche, mal schwedische Truppen, die plünderten und mordeten. Der Propst Gallus Lutherus ist in der Kirche vor dem Altar erschossen worden, als er die wertvollen Kirchengeräte vor den plündernden Truppen in Sicherheit bringen wollte. Viele Bürger sind mit dem „Schwedischen Trunk“ gequält worden, ihnen wurde Jauche mit einem Trichter eingeflößt und sie sind, wie die Chronik berichtet, daran gestorben. Brände und hohe Geldforderungen durch die Kriegsvölker schwächten die Stadt und mehrfach wütete die Pest. Zu Beginn des Krieges hatte Mittenwalde 245 bewohnte Häuser und 1645 gab es laut Schoßkataster nur noch 42 bewohnte Häuser, der Rest war entweder zerstört oder wüst. Es hat über 130 Jahre gedauert, bis die Stadt wieder 245 bewohnte Häuser zählen konnte!
© Vera Schmidt, 2013
Ortschronistin Heimatverein Mittenwalde e.V., Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin
Literaturverzeichnis
Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafentums Niederlausitz in der Mitte des 19.Jh.; Dr. Heinrich Berghaus, Brandenburg 1855 Druck und Verlag von Adolph Müller
Wanderungen durch den Kreis Teltow, Band 1 von Wilhelm Reichner, Verlag Rob. Rohde, Berlin 1925
Codex diplomaticus Brandenburgensis 1. Hauptteil XI/XXX Stadt Mittenwalde
F.W.A. Bratring „Statistisch-topographische Beschreibung des gesamten Mark Brandenburg“ überarbeitet von Otto Büsching und Gerd Heinrich, Band 22